BURG CASTELL (KASTEL)
 Weltweit | Europa | Schweiz | Kanton Thurgau | Bezirk Kreuzlingen | Tägerwilen

Klicken Sie in das Bild, um es in voller Grösse ansehen zu können!
Allgemeine Informationen
Weitläufige Ruine einer grossen Burg der Bischöfe von Konstanz, die spätestens im frühen 12. Jhdt. gegründet wurde. Die Wehranlage diente den Kirchenfürsten häufig als Zweitresidenz und wurde bis Ende des 13. Jhdts. von Ministerialenfamilien verwaltet, die sich nach der Burg benannten. 1499 wurde sie im Schwaben- bzw. Schweizerkrieg durch eidgenössische Truppen zerstört. Sichtbar sind die Ruine des begehbaren Nordwesttturms, die Grundmauern des Hauptturms und eines Rundturms sowie Reste des Palas mit Nebengebäuden und des Berings.
Informationen für Besucher
Geografische Lage (GPS)
WGS84: 47° 38’ 43.10“ N, 09° 08’ 02.51“ E
Höhe: 506 m ü. M
Topografische Karte/n
Schweizer Landeskarte: 727.390 / 278.560
Kontaktdaten
Verein Freunde der Ruine Castell
E-Mail: info@ruine-castell.ch
Warnhinweise / Besondere Hinweise zur Besichtigung
keine
Anfahrt mit dem PKW
Von Kreuzlingen in westlicher Richtung der Hauptstrasse 13 bis zum Bahnhof Tägerwilen-Gottlieben folgen. Hier links abbiegen in die Bahnhofstrasse und bei der nächsten Kreuzung geradeaus weiter auf der Castellstrasse in südlicher Richtung fahren. Bald nach dem Ortsausgang beginnt die Strasse gegen den Wald hin anzusteigen. Hier links in die Grüntalstrasse einbiegen, die nach wenigen Metern zum Parkplatz für Burgbesucher führt. Ab hier ist der kurze Aufstieg zur Ruine markiert.
Anfahrt mit Bus oder Bahn
Ab Kreuzlingen mit der Buslinie 907 bis zur Endhaltestelle Tägerwilen, Guggenbühl fahren. Nun der Castellstrasse 700 Meter in südlicher Richtung bergauf folgen, wo links der markierte Pfad zur Ruine abzweigt.
Wanderung zur Burg
k.A.
Öffnungszeiten
Gesamtanlage: ohne Einschränkung
Nordwestturm: wochentags sowie jedes erste Wochenende im Monat von 11:00 bis 18:00 Uhr
Eintrittspreise
kostenlos
Einschränkungen beim Fotografieren und Filmen
ohne Beschränkung
Gastronomie auf der Burg
keine
Öffentlicher Rastplatz
grosse Feuerstelle auf der Burg
Übernachtungsmöglichkeit auf der Burg
keine
Zusatzinformation für Familien mit Kindern
keine
Zugänglichkeit für Rollstuhlfahrer
nicht möglich
Bilder
Klicken Sie in das jeweilige Bild, um es in voller Grösse ansehen zu können!
Grundriss
Grundriss Castell
Quelle: gemäss Infotafel auf der Burg | überarbeitet und ergänzt von O. Steimann, 2018 | auf Basis von: Abegg, Regine et al. - Die Kunstdenkmäler des Kantons Thurgau, Bd. VIII: Rund um Kreuzlingen | Bern, 2014 | S. 337
Historie
Die Anfänge der Burg Castell sind trotz archäologischer Untersuchungen noch nicht völlig geklärt. Möglicherweise bestand bereits um die Mitte des 11. Jhdts. ein erstes Gebäude auf dem Burgareal. Die schriftlichen Quellen teilen hingegen mit, dass die Wehranlage unter Bischof Ulrich I. von Konstanz (1111-1127 im Amt) errichtet wurde. Im ausgehenden Investiturstreit benötigte der Kirchenfürst die Burg als Zuflucht und militärischen Schutz im Südwesten seiner Stadt. Die Anlage erhielt eine entsprechend repräsentative Ausstattung – unter anderem mit zwei übereinanderliegenden Kapellen, für die der Bischof Täferdecken anfertigen liess.
Der nachfolgende Bischof, Ulrich II. liess Castell zwischen 1127 und 1129 bereits wieder abbrechen. Der Überlieferung zufolge geschah dies aus Angst vor dem Grafen Rudolf von Bregenz. Dessen Schwager, Herzog Heinrich der Stolze von Bayern, belagerte Konstanz 1128. Der Bischof zahlte eine hohe Summe für den Abzug der feidlichen Truppen. Möglicherweise war die Schleifung der Burg Castell eine zusätzliche Bedingung seitens des Herzogs.

Chroniken aus der frühen Neuzeit berichten auch über eine Zerstörung der Burg durch Herzog Konrad von Zähringen im Jahr 1142. Die Behauptung bleibt jedoch zweifelhaft: Sie passt nicht in den historischen Zusammenhang und wird durch keine zeitgenössische Quelle bestätigt.
Man darf davon ausgehen, dass die Burg spätestens um 1175 wieder bewohnbar war. In jenem Jahr wird mit «Bertoldo de Castello» ein erster Vertreter der Herren von Castell genannt – einer Familie von bischöflichen Dienstleuten, die sich nach der Burg benannten. Castell umfasste damals zumindest den grossen Hauptturm und vielleicht eine Pallisade als Umfassung. Im frühen 13. Jhdt. kamen dann weitere Teile hinzu: Nordwestturm, Bering und Toranlage. Um 1200 taucht dann auch eine zweite Ministerialenfamilie auf, welche die Burg im Namen führt: die Schenken von Castell. Vermutlich wohnten zu jener Zeit beide Familien auf der Burg. Ob sie miteinander verwandt waren, ist unklar.

Castell blieb eine wichtige Zweitresidenz der Konstanzer Bischöfe, die hier häufig Urkunden ausstellten. Um 1290 orientierten sich die Herren von Castell neu und traten in den Dienst der Reichsabtei St. Gallen. Sie verliessen die Burg und residierten in späteren Jahren auf der Neuburg bei Mammern, der Burg Schauenberg und amtierten als Reichsvögte von Nürnberg. Um 1350 starb die Familie aus. Die Familie der Schenken von Castell hingegen bewohnte im 14. Jhdt. die Burgen Oetlishausen und Mammertshofen und existiert noch heute.
Nach dem Wegzug der ursprünglichen Vögte vergab das Bistum die Wehranlage an Berthold von Hugelshofen. Von diesem nahm sie Bischof Heinrich von Klingenberg 1295/96 zurück, um wieder direkt darüber verfügen zu können. Castell wurde nun Mittelpunkt einer gleichnamigen Herrschaft und nochmals bedeutend ausgebaut. Spätestens jetzt entstanden der Palas auf der Westseite und zwei runde Wehrtürme am südöstlichen Ende der Anlage. Mit einer Gesamtlänge von 120 Metern, vier Türmen und geräumigen Wohnbauten zählte Castell damals zu den grössten Burgen der Bodenseeregion.

Ulrich Pfefferhard ist 1346 der letzte Bischof von Konstanz, der sich auf Burg Castell nachweisen lässt. In grossen Geldnöten, konnte der Kirchenfürst nicht mehr für den Unterhalt aufkommen und musste die Anlage in den 1350er-Jahren an die wohlhabende Konstanzer Familie Harzer verpfänden. Nächster Pfandherr war 1364 Stephan von Roggwil. Damals musste sich der Bischof verpflichten, die Schäden an der Burg auf eigene Kosten auszubessern, mit Ausnahme jener am Hauptturm. 1417 ging das Pfand an König Sigismund, 1420 an Manz von Roggwil. Erst 1453 konnte Bischof Heinrich IV. von Hewen die Burg zurückkaufen und wieder einem Vogt unterstellen.
Das Ende von Castell kam mit dem Schwaben- bzw. Schweizerkrieg. Noch vor Ausbruch der Feindseligkeiten hatte Bischof Hugo von Hohenlandenberg den Eidgenossen zugesichert, dass sich Konstanz im Konfliktfall neutral verhalten werde. Doch auf kaiserlichen Druck hin musste die Stadt 1497 dem Schwäbischen Bund beitreten, dessen Truppen nun Castell besetzten. Nach Kriegsausbruch zogen die Eidgenossen deshalb vor die Burg, untergruben einen Teil der Ringmauer und konnten die Anlage bald darauf einnehmen. Am 12. März 1499 wurde sie niedergebrannt. Ironie der Geschichte: Die Angreifer wurden wahrscheinlich von Ulrich Schenk von Kastel (Castell) angeführt.

Die zerstörte Burg wurde nicht mehr aufgebaut und die Verwaltung der Herrschaft auf das nahe Schloss Gottlieben übertragen. Mit bischöflicher Erlaubnis wurde die Ruine in den folgenden Jahrhunderten immer wieder zur Steingewinnung ausgebeutet. Erst als der Burghügel 1797 an Daniel Hermann von Scherer verliehen wurde, untersagte das Bistum jede weitere Veränderung am Mauerwerk. Damals stand innerhalb der Palasruine ein kleines Wohnhaus, in dem ein Senn und seine Frau lebten. Es wurde 1840 wieder abgebrochen.
Seit dem frühen 19. Jhdt. gehört die Burgruine den jeweiligen Besitzern des benachbarten Schlosses Castell. Dieses entstand in der heutigen Form erst im späten 19. Jhdt. und hat keinen mittelalterlichen Vorgänger. Um die alte Burg von der neuen Schlossanlage zu unterscheiden, wird sie in der Literatur teilweise auch als «Unter-Castell» bezeichnet. Die Nutzung der Ruine als Ausflugsziel begann um die Mitte des 19. Jhdts., als man am noch 15 Meter hoch aufragenden Nordwestturm eine Leiter anbrachte. 1894 wurde eine Betondecke eingezogen. 2007/08, als grosse Teile der Ruine saniert wurden, entstand die heutige Aussichtsplattform. Damals wurden auch einige Sondierschnitte angelegt und die zweimalige Zerstörung der Burg archäologisch nachgewiesen. Die letzten Konservierungsarbeiten auf Castell fanden 2012 statt. Damals stiess man auch auf Spuren des bis dahin unbekannten Ostturms.
Quellen: Zusammenfassung der unter Literatur angegebenen Dokumente, inkl. aktuelle Medienberichte
Literatur
  • Abegg, Regine et al. - Die Kunstdenkmäler des Kantons Thurgau, Bd. VIII: Rund um Kreuzlingen | Bern, 2014 | S. 335-339
  • Bitterli, Thomas - Schweizer Burgenführer, mit Einschluss des Fürstentums Liechtenstein | Basel/Berlin, 1995 | Nr. 588
  • Boxler, Heinrich - Die Burgnamengebung in der Nordostschweiz und in Graubünden [Studia Onomastica Helvetica, Bd. 2] | 2. Aufl. | Arbon, 1991 | S. 75
  • Giezendanner, Heini - Burgen und Schlösser im Thurgau | Frauenfeld, 1997 | S. 103-104
  • Hauswirth, Fritz - Burgen und Schlösser im Thurgau | Kreuzlingen, o.J. | S. 23-24
  • Komission des historischen Vereins des Kantons Thurgau - Die Burgen und Schlösser des Kantons Thurgau, I. Teil | Basel, 1931 | S. 39-43
  • Meier, Eva - Die Ruine Chastel in Tägerwilen TG | In: Mittelalter: Zeitschrift des Schweizerischen Burgenvereins, 13. Jhg./Nr. 2 | Basel, 2008 | S. 61-68
  • Meyer, Werner (Red.) - Burgen der Schweiz, Bd. 6: Kantone St. Gallen, Thurgau, Appenzell-Innerrhoden, Appenzell-Ausserrhoden | Zürich, 1983 | S. 89-91
Webseiten mit weiterführenden Informationen
zurück nach oben | zurück zur letzten besuchten Seite Download diese Seite als PDF-Datei
Alle Angaben ohne Gewähr! | Die Bilder auf dieser Webseite unterliegen dem Urheberrecht! | Letzte Aktualisierung dieser Seite: 28.10.2018 [OS]