STADTBEFESTIGUNG ZÜRICH
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Quelle: Escher, Konrad - Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich, Bd. IV: Die Stadt Zürich, erster Teil | Basel, 1939 | S. 22-23
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Allgemeine Informationen
Zürichs Stadtbefestigung hat sich über zahlreiche Etappen entwickelt. Nachdem die Stadt in Spätantike und Frühmittelalter mit Ausnahme des Kastells bzw. der Königspfalz auf dem Lindenhof weitgehend unbewehrt war, erhielt sie im 11. oder frühen 12. Jhdt. einen ersten Befestigungsring. Dieser wurde nach 1218, als die Limmatstadt reichsfrei wurde, durch eine umfassende neue Stadtmauer mit zahlreichen Türmen und Toren ersetzt. Im Dreissigjährigen Krieg begann man dann mit dem Bau des letzten Mauerrings, der Zürich zu einer barocken Festungsstadt machte. Bis auf wenige Ausnahmen wurden alle diese Wehranlagen im 19. Jhdt. wieder abgebrochen.
Informationen für Besucher
Geografische Lage (GPS)
WGS84:
47° 22’ 26.77“ N, 08° 32’ 46.07“ E | «Stadtmauerkeller» an der Chorgasse 22
47° 22’ 16.04“ N, 08° 32’ 01.08“ E | Bastion «Katz»
Höhe: 428 m ü. M
Topografische Karte/n
«Stadtmauerkeller» an der Chorgasse 22 (Schweizer Landeskarte): 683.640 / 247.620
Bastion «Katz» (Schweizer Landeskarte): 682.700 / 247.270
Kontaktdaten
Amt für Städtebau | Baugeschichtliches Archiv | Neumarkt | CH-8001 Zürich
Tel: +41 (0)44 415 16 86
Warnhinweise / Besondere Hinweise zur Besichtigung
keine
Anfahrt mit dem PKW
Kostenpflichtige Parkplätze in der Zürcher Innenstadt (z.B. Parkhaus Urania).
Anfahrt mit Bus oder Bahn
Ab dem Zürcher Hauptbahnhof kann die ehemals befestigte Innenstadt gut zu Fuss erschlossen werden.
Wanderung zur Burg
Vom Zürcher Hauptbahnhof aus kann man dem Schanzengraben entlang und an der Bastion «Katz» vorbei bis zum See wandern.
Öffnungszeiten
Ein freigelegter Rest der mittelalterlicher Stadtmauer ist im «Stadtmauerkeller» an der Chorgasse 22 (bei der Zentralbibliothek) zu besichtigten. Der Schlüssel kann nach vorheriger Reservation beim Baugeschichtlichen Archiv ausgeliehen werden (siehe unter Kontakt).

Bastion «Katz» (Alter Botanischer Garten):
März bis September: 07:00 - 19:00 Uhr
Oktober bis Februar: 08:00 - 18:00 Uhr
Eintrittspreise
kostenlos
Einschränkungen beim Fotografieren und Filmen
ohne Beschränkung
Gastronomie auf der Burg
Die Bauschanze, Teil der barocken Stadtbefestigung in der Limmat, ist heute ein Biergarten:
www.bauschaenzli.ch
Öffentlicher Rastplatz
keiner
Übernachtungsmöglichkeit auf der Burg
keine
Zusatzinformation für Familien mit Kindern
keine
Zugänglichkeit für Rollstuhlfahrer
«Stadtmauerkeller» und Schanzengrabenweg: nicht möglich
sonst grundsätzlich möglich
Bilder
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Grundriss


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Quelle: gezeichnet von O. Steimann, 2017 | auf Basis von: Bundesamt für Landestopografie/Schweizerischer Burgenverein (Hg.) - Burgenkarte der Schweiz, 1:200'000 | Begleitbuch Teil Ost | Wabern, 2007 | S. 171 | Wild, Dölf - Stadtmauern: Ein neues Bild der Stadtbefestigung Zürichs [Stadtgeschichte und Städtebau in Zürich: Schriften zur Archäologie und Stadtplanung, Bd. 5] | 2. Aufl. | Zürich, 2004
Historie
Spätantike und Frühmittelalter:
Bereits in prähistorischer Zeit war das untere Becken des Zürichsees ein bedeutender Siedlungsplatz. Immer wieder werden bei archäologischen Grabungen Ufersiedlungen freigelegt. So wurden beispielsweise 2010 beim Bau des Parkhauses Opera am Sechseläutenplatz umfangreiche, über 5000 Jahre alte Kulturschichten entdeckt. Der Kern der heutigen Stadt geht jedoch auf die keltische Epoche zurück, ins 2. und 1. Jhdt. v.Chr. Der Hügel des Lindenhofs westlich der Limmat war damals bereits besiedelt.
15 v.Chr. wurde «Turicum» ins römische Imperium integriert. In der späten Kaiserzeit – vermutlich unter Diokletian (284-305) oder Konstantin I. (306-337) – entstand auf dem Lindenhof ein mächtiges «castrum» als militärischer Stützpunkt im Hinterland des Rheinlimes. Als Sitz der weltlichen Macht überdauerte diese Anlage auch den Zusammenbruch des weströmischen Reichs, denn sie wurde weiter genutzt und teilweise ergänzt. Wahrscheinlich in karolingischer Zeit entstand in ihren Mauern eine erste Pfalz. Diese diente im 10. Jhdt. wohl vor allem den Herzögen von Schwaben als Residenzort.

Hochmittelalter:
Spätestens mit dem Bau einer neuen, wesentlich grösseren Königspfalz auf dem Lindenhof in ottonisch/salischer Zeit wurde auch der befestigte Bezirk um das alte Kastell nach Westen erweitert. Der neue Graben verlief auf der Höhe des heutigen Rennwegs. Und im späteren 11. oder im 12. Jhdt., als die Pfalz zur Burg ausgebaut wurde, erhielt Zürich eine erste umfassende Stadtbefestigung. Ihre Existenz wurde lange Zeit in Zweifel gezogen und über den genauen Verlauf gerätselt. Frühere Theorien gingen davon aus, dass die vielen ritterlichen Wohntürme beidseits der Limmat Teil dieser Befestigung gewesen sein müssen, insbesondere der markante Grimmenturm. Heute allerdings weiss man, dass bereits diese erste Stadtmauer viel weitläufiger war. In Teilen nachgewiesen werden konnte sie unmittelbar nördlich der Pfalzburg, wo ein Doppelgraben der heutigen Fortuna- und Kuttelgasse bis hinunter zur Bahnhofstrasse verlief. Auf die Mauer selbst stiess man bei Grabungen am Nordostrand der Altstadt bei der heutigen Zentralbibliothek. Sie war rund 1,3 Meter stark und stand vermutlich auf einem künstlichen Wall.
Diese erste Stadtmauer erhielt Zürich in einer Zeit, als sich sowohl die deutschen Könige als auch die schwäbischen Herzöge kaum noch an der Limmat zeigten. Eine wichtige Machtstellung vor Ort hatten die Grafen von Lenzburg als Vögte der Frau- und Grossmünsterabtei inne – sie verwalteten auch die Pfalz auf dem Lindenhof. Daran scheint sich auch nicht viel geändert zu haben, als die Reichsvogtei Zürich 1098 den Herzögen von Zähringen übertragen wurde. Die Übertragung führte allerdings dazu, dass der staufische Herzog Friedrich III. von Schwaben (der spätere Kaiser Friedrich I. Barbarossa) Zürich während seiner Auseinandersetzung mit den Zähringern 1146 kurzzeitig besetzen liess. Die Stadt muss damals bereits ummauert gewesen sein. Vom zeitgenössischen Chronisten Otto von Freising wurde sie als «nobilissimum Sueviae oppidum» (vornehmste Stadt Schwabens) bezeichnet. Ausserdem beschrieb er ausdrücklich ein Stadttor.

Spätmittelalter:
Nach dem Aussterben der Grafen von Lenzburg (1173) fielen die Vogteirechte über die Zürcher Abteien ebenfalls den Zähringern zu. Doch 1218 starb mit Berchtold V. auch der letzte Herzog von Zähringen, und Zürich wurde zur reichsfreien Stadt erhoben, in der neben der Äbtissin des Fraumünsters vor allem lokale Adelsfamilien das Sagen hatten. In dieser Situation nahm die Stadt den Bau einer neuen Stadtbefestigung in Angriff. Für das riesige Bauwerk, das eine Fläche von rund 38 Hektaren umschloss, wurden wohl Steine der älteren Mauer, aber auch Material von der aufgelassenen Pfalzburg auf dem Lindenhof verwendet. Östlich der Limmat erbaute man fünf Tore und drei zusätzliche Wehrtürme. Der Mauer war hier ein 20 Meter und 6 Meter tiefer Graben vorgelagert. Westlich der Limmat standen zwei Tore und mindestens sieben Wehrtürme, hier war der Mauer der mit Wasser gefüllte Fröschengraben vorgelagert. Hinzu kam der mitten in der Limmat errichtete Wellenbergturm. Als zusätzliche Verteidigungslinie wurde ausserhalb der Stadt eine Letzi errichtet.

Die neue Stadtbefestigung wurde bald auf die Probe gestellt. 1292 belagerte der österreichische Herzog, der spätere König Albrecht I., die Limmatstadt vergeblich. Um die Mitte des 14. Jhdt. versuchten es die Habsburger unter Herzog Albrecht II. noch drei weitere Male, dabei wurden sie 1354 auch von einem Heer unter König Karl IV. unterstützt. Sie gelangten aber nie hinter die Mauern. Hintergrund dieser Konflikte war ein politischer Umsturz in der Stadt: Die Handwerkszünfte hatten unter Rudolf Brun im Sommer 1336 die Macht ergriffen und etliche Vertreter des alten Stadtadels verjagt. Diese gingen ins Exil nach Rapperswil, wo sie von den Grafen von Habsburg-Laufenburg aufgenommen wurden und eine Gegenregierung bildeten. Der Versuch, die alten Zustände wieder herzustellen, scheiterte im Februar 1350 in der «Mordnacht von Zürich». Mit ihren Offensiven versuchten die Habsburger aber auch, Zürichs Anschluss an die Eidgenossenschaft zu verhindern.

Nachträgliche Erweiterungen:
Im frühen 15. Jhdt. stieg Zürich zu einem eigentlichen Stadtstaat auf, indem es weite Gebiete im Umland erwarb. Dies führte ab 1436 zu einem heftigen Konflikt mit den Eidgenossen um das grosse Erbe der Grafen von Toggenburg. Die als «Alter Zürichkrieg» bekannte Auseinandersetzung gipfelte im Sommer 1444 in einer Belagerung der Limmatstadt durch ein Heer aus der Innerschweiz. Auch dieser Eroberungsversuch verlief ergebnislos. Die Quellenlage lässt vermuten, dass die Zürcher damals auch den Stadtzugang über die Limmat stärker befestigten, indem sie mitten im Wasser das Grendeltor errichteten, das im Ernstfall von Kriegsschiffen bewacht wurde.

Auch im 16. Jhdt. wurde die mittelalterliche Stadtbefestigung an vielen Stellen verstärkt, um der Entwicklung der Artillerie Rechnung zu tragen. Ausgebaut wurden vor allem die Haupttore. Grössere zusätzliche Bollwerke entstanden beim heutigen Bellevue, am Rennweg und am nördlichen Ende der westseitigen Stadtmauer (Oetenbach-Bollwerk). Zürich, wo seit 1519 Huldrych Zwingli predigte, war zu jener Zeit eines der wichtigsten Zentren der Reformation und geriet deshalb erneut in militärische Auseinandersetzungen mit den katholischen Orten der Innerschweiz. Zwingli selbst fand 1531 in der Schlacht bei Kappel den Tod.

Der barocke Schanzenring:
Nach dem Ausbruch des Dreissigjährigen Krieges wurden die bestehenden Bollwerke in aller Eile verstärkt und erweitert. 1642 fasste der Zürcher Rat jedoch den Beschluss, die Stadt mit einer gänzlich neuen Befestigung zu versehen: einem monumentalen Schanzenring. Diese sternförmige Anlage umfasste mehrere Quartiere ausserhalb der alten Mauern und bestand aus zahlreichen Bastionen, Schanzen und Gräben. Zum Schutz auf der Westseite wurde der heute noch bestehende, mit Wasser gefüllte Schanzengraben ausgehoben. 1677 waren die wichtigsten Bauten errichtet, der Abschluss der Arbeiten zog sich jedoch bis ins 18. Jhdt. hinein.
Im Kontext der Helvetischen Revolution wurde Zürich 1798 von französischen Truppen besetzt. Nun wurden die Schanzen bemannt und mit 101 Kanonen bestückt. Selbst auf dem Lindenhof wurden Geschütze in Stellung gebracht. Nach der ersten Schlacht von Zürich musste General André Masséna die Limmatstadt im Juni 1799 zwar wieder räumen und Österreich überlassen. Doch nach seinem Sieg über österreichische und russische Truppen in der zweiten Schlacht (im September 1799) erlangte sein Heer endgültig die Kontrolle über Zürich. Da beide Waffengänge ausserhalb der Stadtmauern stattgefunden hatten, spielte das Schanzensystem in diesem Konflikt nur eine untergeordnete Rolle.
Einen letzten Härtettest bestand die Stadtbefestigung nach dem Abzug der Franzosen im Spätsommer 1802. General Josef Andermatt sollte mit Soldaten der helvetischen Republik Zürich besetzen, doch verweigerte ihnen die Stadtregierung den Zutritt. Es begann eine Belagerung, bei der auf beiden Seiten etliche Kanonen zum Einsatz kamen. Gerade als die Belagerer mit dem Sturm auf die Stadt beginnen wollten, überbrachte ihnen ein Bote der Zentralregierung den Befehl, die Kampfhandlungen einzustellen.

Entfestigung:
Mit dem Abbruch der mittelalterlichen Stadtbefestigung begann man bereits 1806, und innert zweier Jahrzehnte wurden die meisten Tore, Wehrtürme und Mauerabschnitte niedergelegt, um neuen Baugrund zu gewinnen. Und nachdem 1830 die Zürcher Landgemeinden der Stadt gleichgestellt worden waren, kam sehr rasch die Forderungen auf, auch die Schanzen zu beseitigen. Am 30. Januar 1833 beschloss der Grosse Rat des Kantons mit klarer Mehrheit deren Abbruch. Bereits im Sommer wurde damit begonnen, doch die Vollendung der Arbeiten dauerte rund 20 Jahre. Nur wenige Festungsteile haben diese Zerstörung überstanden, insbesondere der Schanzengraben mit der Bastion «Katz» sowie die Bauschanze in der Limmat.
Der Abbruch der mittelalterlichen Befestigungswerke dauerte hingegen noch länger an und erfolgte in kleineren Etappen. Bis 1837 wurde die Limmat freigeräumt, indem man das Grendeltor und den Wellenbergturm beseitigte. Ab 1864 wurde der Fröschengraben aufgefüllt und an seiner Stelle die Bahnhofstrasse gebaut. Der Langenörlisturm stand noch bis 1889, das Oetenbach-Bollwerk bis 1903. Bei Neubauten und Grabungen stösst man heute immer wieder auf Spuren von Zürichs mittelalterlichen Stadtmauern. Ein kleiner Rest ist oberirdisch noch an der Ecke Gräbligasse/Seilergraben zu sehen, ein etwas längerer Abschnitt im «Stadtmauerkeller» an der Chorgasse.
Quellen: Zusammenfassung der unter Literatur angegebenen Dokumente
Literatur
  • Barraud Wiener, Christine / Jezler, Peter - Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich, neue Ausgabe, Bd. I: Die Stadt Zürich I | Bern, 1999 | S. 86-141
  • Escher, Konrad - Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich, Bd. IV: Die Stadt Zürich, erster Teil | Basel, 1939 | S. 15-61
  • Grunder, Karl - Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich, neue Ausgabe, Bd. IV: Die Stadt Zürich IV | Bern, 2005 | S. 15-164
  • Institut für Denkmalpflege der ETH Zürich (Hg.) - Stadt- und Landmauern, Bd. 2: Stadtmauern in der Schweiz | Kataloge, Darstellungen | Zürich, 1996 | S. 367-390
  • Peyer, Hans Conrad - Zürich im Früh- und Hochmittelalter | In: Ders. et al. - Zürich von der Urzeit zum Mittelalter | Zürich, 1971 | S. 163-227
  • Wild, Dölf - Stadtmauern: Ein neues Bild der Stadtbefestigung Zürichs [Stadtgeschichte und Städtebau in Zürich: Schriften zur Archäologie und Stadtplanung, Bd. 5] | 2. Aufl. | Zürich, 2004
Webseiten mit weiterführenden Informationen
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