BURGSTELLE NIVAGL
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Allgemeine Informationen
Burgstelle ohne Mauerspuren, aber mit eindrücklichem Wall- und Grabensystem am Rand der Schlucht des Haidbachs (Rain digl Lai), direkt an der Strasse von Alvaschein nach Zorten. Die bereits im 10. oder frühen 11. Jhdt. gegründete Anlage bildete das Zentrum eines Herrschaftskomplexes aus altem Reichsgut, das spätestens um die Mitte des 12. Jhdts. in den Besitz der Freiherren von Seefelden gelangte, die sich fortan «von Vaz» nannten. Im 13. Jhdt. wurde Nivagl aufgegeben, wohl zugunsten der neuen Burg Belfort.
Informationen für Besucher
Geografische Lage (GPS)
WGS84: 46° 41’ 18.70“ N, 09° 31’ 57.20" E
Höhe: 1031 m ü. M
Topografische Karte/n
Schweizer Landeskarte: 760.160 / 172.950
Kontaktdaten
k.A.
Warnhinweise / Besondere Hinweise zur Besichtigung
keine
Anfahrt mit dem PKW
Die Autobahn A13 im Domleschg bei der Ausfahrt Thusis-Süd verlassen und anschliessend der Hauptstrasse 417 das Albulatal aufwärts in Richtung Tiefencastel folgen. Kurz nachdem die Strasse bei der Solis-Staumauer auf die nördliche Talseite wechselt, zweigt links ein Strässchen in Richtung Zorten ab. Beim nächsten Abzweiger ebenfalls links halten und dieser Route bergauf bis zur Strassenkehre beim Weiler Nivagl folgen. Das Burgareal befindet sich unmittelbar westlich dieser Kehre. Parkmöglichkeit vor Ort.
Anfahrt mit Bus oder Bahn
Ab Chur mit der Postauto-Linie 182 (in Richtung Lantsch) bis nach Lenzerheide/Lai, Post. Ab hier weiter mit der Linie 184 bis zur Endhaltestelle Vaz/Obervaz, Zorten. Nun dem markierten Bergweg in südlicher Richtung abwärts bis nach Nivagl folgen (Zustieg ca. 20 Min.).
Wanderung zur Burg
Die Burgstelle liegt direkt an der Via Albula/Bernina.
Öffnungszeiten
ohne Einschränkung
Eintrittspreise
kostenlos
Einschränkungen beim Fotografieren und Filmen
ohne Beschränkung
Gastronomie auf der Burg
keine
Öffentlicher Rastplatz
keiner
Übernachtungsmöglichkeit auf der Burg
keine
Zusatzinformation für Familien mit Kindern
keine
Zugänglichkeit für Rollstuhlfahrer
nicht möglich
Bilder
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Grundriss
Grundriss Nivagl
Quelle: Clavadetscher, Otto P. / Meyer, Werner - Das Burgenbuch von Graubünden | Zürich/Schwäbisch Hall, 1984 | S. 51 | bearbeitet von O. Steimann, 2024
Historie
Zentrum einer Herrschaft aus altem Reichsgut
Der Bot la Cheua ist ein breiter, dreiseitig von der Schlucht des Haidbachs umgebener Felsvorsprung an der Strasse von Alvaschein hinauf nach Zorten. Begehbar ist er nur über die Ostseite, wo aber drei Gräben und zwei ausgeprägte Wälle den Zugang erschweren. Diese Annäherungshindernisse stammen aus der Gründungsphase der Burganlage im 10. oder frühen 11. Jhdt. Bereits damals umgab ein erster Bering die oberste Hügelkuppe, der ein Holzhaus mit Feuerstelle beschützte.
Die Erbauer der Anlage sind nicht bekannt. Nivagl dürfte der Herrschaftssitz für einen Güterkomplex gewesen sein, der bereits im rätischen Reichsguturbar aus der Karolingerzeit (um 842) verzeichnet wurde. Dieses «beneficium» befand sich im 9. Jhdt. in den Händen eines Reichsvasallen namens Azzo und wurde damals von einem Herrschaftshof in der Nähe der Pfarrkirche St. Donat zu Zorten aus verwaltet. Spätestens um die Jahrtausendwende dürfte die Burg Nivagl diesen Hof als Verwaltungszentrum abgelöst haben.

11. Jhdt.: Bau des ersten Steinhauses
Im 11. Jhdt. wurde die Anlage umgestaltet. Im Bereich der Kernburg entstand nun ein Steinhaus mit einem annähernd quadratischen Grundriss von etwa 9 Metern Seitenlänge. Seine 1,4 Meter starken Mauern bestanden aus zurechtgehauenen kleinen Steinquadern. Dieses Gebäude wurde mit einer inneren Ringmauer umgeben, die vermutlich noch weitere Gebäude umfasste. Gemäss den archäologischen Untersuchungen fiel das zentrale Steinhaus um 1100 einem Brand zum Opfer, wurde aber unmittelbar danach wieder hergerichtet.

Wohnsitz der frühen Freiherren von Vaz
Nach 1150 wurde das Steinhaus verändert und wahrscheinlich zu einem repräsentativen Wohnturm ausgebaut. Zu diesem Zweck wurden seine Grundmauern auf der Nord- und Westseite verstärkt. Ebenfalls zu jener Zeit wurde eine neue äussere Ringmauer angelegt. Spätestens damals befand sich Nivagl im Besitz der Freiherren von Seefelden aus dem Linzgau (am Bodensee), die sich ab 1160 «von Vaz» nannten und bald zur mächtigsten Adelsfamilie Rätiens aufsteigen sollten. Ihren raschen Machtzuwachs verdankten sie vor allem einer geschickten Heiratspolitik und ihrer Nähe zu den Stauferkaisern. Im Laufe der folgenden zwei Jahrhunderte erhielten die Vazer die Vogtei über das Hochstift Chur als Pfand sowie die Grafschaft Laax und errichteten in Rätien zahlreiche Burgen.

Letzter Umbau und Aufgabe der Burg
Bereits um 1200 wurde die Burg Nivagl erneut umgestaltet. Der Turm wurde teilweise wieder abgebrochen, sein Mauerwerk in einen neuen Wohntrakt integriert. Bereits 1229 begannen die Vazer allerdings 6 Kilometer talaufwärts mit dem Bau eines neuen Herrschaftszentrums: der Burg Belfort. Nivagl verlor nun rasch an Bedeutung und wurde um 1250 ganz aufgegeben.
In den Schriftquellen taucht die Burg hingegen erst nach dem Aussterben der Vazer (um 1337) erstmals auf. Das Bistum Chur erhob nun Anspruch auf den Meierhof Vaz und «diu burg Juaelle». Die juristischen Auseinandersetzungen mit den Erben der Vazer zogen sich hin, denn noch gegen Ende des 14. Jhdts. wird von der unklaren Situation um die «vesti Yfaell» berichtet. Letztlich konnte der Bischof seinen Anspruch aber nicht durchsetzen.

Die Sondiergrabung von 1980
Über die Jahrhunderte wurde das Mauerwerk der Wehranlage schrittweise abgetragen, bis nur noch die beeindruckenden Erdwerke sichtbar waren. Im Sommer 1980 wurde auf der Burgstelle eine Sondiergrabung durchgeführt. Dabei konnten Mauerabschnitte der verschiedenen Bauphasen dokumentiert werden, ausserdem wurden etliche Kleinfunde geborgen. Sie dokumentieren die gehobene Stellung der Burgbewohner. Das Fundgut umfasst Fragmente eines Kettenpanzers, Pfeileisen und Werkzeuge, vergoldete Trachtenteile, Verputzbrocken mit Spuren von Fresken sowie zahlreiche Knochen von Nutz- und Wildtieren.
Quellen: Zusammenfassung der unter Literatur angegebenen Dokumente
Literatur
  • Clavadetscher, Otto P. / Meyer, Werner - Das Burgenbuch von Graubünden | Zürich/Schwäbisch Hall, 1984 | S. 51-52
  • Gabathuler, Heinz - Die Anfänge der Herren von Seefelden-Vaz | In: Bündner Monatsblätter, 2010/Heft 1 | Chur, 2010 | S. 51-62
  • Meyer, Werner - Nivagl GR: Provisorischer Bericht über die Sondiergrabung 1980 | In: Nachrichten des Schweizerischen Burgenvereins, 53. Jhg./Nr. 5 | Zürich, 1980 | S. 93-104
  • Muraro, Jürg Leonhard - von Vaz | In: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Stand vom 14.09.2024: hls-dhs-dss.ch
  • Poeschel, Erwin - Das Burgenbuch von Graubünden | Zürich/Leipzig, 1930 | S. 251
  • Poeschel, Erwin - Die Kunstdenkmäler des Kantons Graubünden, Bd. II: Herrschaft, Prätigau, Davos, Schanfigg, Churwalden, Albulatal | Basel, 1937 | S. 309
  • Von Castelmur, Anton - Die Burgen und Schlösser Graubündens, III. Teil: Viamala, Schams, Schyn, Albulatal, Oberhalbstein, Bergell, Engadin | Basel, 1944 | S. 23
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