SCHLOSS WILDENBERG
 Weltweit | Europa | Schweiz | Kanton Graubünden | Region Engiadina Bassa/Val Müstair | Zernez

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Allgemeine Informationen
Die in nachmittelalterlicher Zeit zum Schloss umgebaute Burg Wildenberg bildet das markanteste Gebäude im Dorfkern von Zernez und steht unweit vom Tuor dals Mors. Errichtet wurde die Anlage im 13. Jhdt. wahrscheinlich durch eine Seitenlinie der Herren von Sagogn, später gehörte sie als bischöfliches Lehen der Familie von Planta. Heute befindet sich in den Gebäuden die Verwaltung des Schweizerischen Nationalparks.
Informationen für Besucher
Geografische Lage (GPS)
WGS84: 46° 41’ 58.78“ N, 10° 05’ 46.29“ E
Höhe: 1472 m ü. M
Topografische Karte/n
Schweizer Landeskarte: 803.220 / 175.490
Kontaktdaten
Zernez Tourist Information | CH-7530 Zernez
Tel: +41 (0)81 856 13 00 | E-Mail: zernez@estm.ch
Warnhinweise / Besondere Hinweise zur Besichtigung
keine
Anfahrt mit dem PKW
Zernez liegt an der Hauptstrasse 27 durch das Unterengadin, direkt am Fuss des Ofenpasses. In der Dorfmitte auf die Hauptstrasse 28 in Richtung Ofenpass einbiegen und dieser bis zum Nationalparkzentrum folgen. Parkmöglichkeiten vor Ort. Das Schloss steht gegenüber dem Zentrum auf der anderen Strassenseite.
Anfahrt mit Bus oder Bahn
Ab allen Stationen im Unter- und im Oberengadin stündliche Bahnverbindungen nach Zernez. Vom Bahnhof zu Fuss in 10 Min. oder mit dem Postauto bis zum Nationalparkzentrum.
Wanderung zur Burg
Die Anlage steht direkt am Nationalpark-Panoramaweg und nahe an der Senda Lais da Macun.
Öffnungszeiten
Die Anlage beherbergt die Verwaltung des Schweizerischen Nationalparks. Eine Innenbesichtigung ist jeden Montag um 17 Uhr im Rahmen einer Dorfführung möglich.
Eintrittspreise
Dorfführung: 10 CHF
(Stand 2019)
Einschränkungen beim Fotografieren und Filmen
ohne Beschränkung
Gastronomie auf der Burg
keine
Öffentlicher Rastplatz
keiner
Übernachtungsmöglichkeit auf der Burg
keine
Zusatzinformation für Familien mit Kindern
Das für Familien empfehlenswerte Nationalparkzentrum befindet sich gleich neben dem Schloss:
www.nationalpark.ch/de/besuchen/nationalparkzentrum
Zugänglichkeit für Rollstuhlfahrer
für Aussenbesichtigung möglich
Bilder
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Grundriss
Grundriss Wildenberg
Quelle: gezeichnet von O. Steimann, 2005/2019
Historie
Das Schloss Wildenberg hat in der Geschichte Graubündens verschiedentlich eine wichtige Rolle gespielt, über seine Ursprünge gibt es jedoch keine Nachricht. Der heute noch erhaltene Turm mit 1,2 Meter dicken Mauern dürfte im 13. Jhdt. als Zentrum eines adligen Wohnsitzes errichtet worden sein. Dies und der Name weisen auf die Herren von Sagogn-Wildenberg aus dem Vorderrheintal als Erbauer hin. Diese weitverzweigte, mächtige Adelsfamilie besass spätestens ab 1283 Güter und Rechte in der Gegend um Zernez. Auch in Zernez selbst verfügte sie über Zehntrechte, die Heinrich der Jüngere von Wildenberg jedoch noch vor 1288 dem Bischof von Chur verkaufte. Ob dieser Handel auch die Burg beinhaltete, ist unklar.
1296 verpfändete der Bischof die Zehntrechte der Wildenberger an die Herren von Planta aus Zuoz. Ob sie damals auch die Burg übernehmen konnten, ist ungewiss. Es gilt jedoch als ziemlich sicher, dass im Turm von Wildenberg unter massgeblicher Beteiligung der von Planta um 1365 jene Tagung Churer Gotteshausleute stattfand, die wenig später zur Gründung des ersten rätischen Bundes geführt hat.

Spätestens 1377 war Wildenberg ein bischöfliches Lehen, falls es sich bei dem in einer Urkunde erwähnten «Hof gelegen ze Sarnetz genant Wildenberg» tatsächlich um die Burg handelt. Als Lehnsträger sass nun nachweislich ein Familienzweig der von Planta in Zernez, der sich «von Wildenberg» zu nennen begann. Als wichtige Dienstleute und Geldgeber des Bistums schufen sich die von Planta im 14. Jhdt. eine Vormachtstellung im Engadin. Kaiser Heinrich VII. übergab ihnen zudem das Bergwerkregal für das Unterengadin, und sie hielten verschiedene Zölle an wichtigen Passwegen in ihrer Hand.
Die Beziehung zum Bistum waren jedoch nicht immer gut. Um 1430 war Conradin von Planta-Wildenbarg gar der Urheber einer Entführung des Bischofs Johann von Chur, was ihm die Exkommunikation eintrug. Gegen Ende des 15. Jhdts. normalisierte sich das Verhältnis aber wieder: Während der Spannungen mit dem Reich wegen alter Rechte des Bistums im Vinschgau hielt Hans von Planta-Wildenberg klar zum Kirchenfürsten. Er war 1498 auch ein Mitunterzeichner der Bündnisurkunde des Gotteshausbundes mit den Eidgenossen, die klar gegen Kaiser Maximilian gerichtet war. Einer dichterischen Überlieferung zufolge soll Hans von Planta-Wildenberg im nachfolgenden Schwabenkrieg 1499 in der Schlacht an der Calven einen Ritter erschlagen haben.

In seiner rätischen Geschichte gibt Ulrich Campell um 1570 eine Beschreibung der Burg Wildenberg. Der Turm soll damals mit drei Wohngebäuden verbunden gewesen sein und noch ganz das Gepräge einer mittelalterlichen Burg bessen haben. Zu seiner Zeit wohnte dort Balthasar von Planta-Wildenberg, ein Enkel von Hans. Er war sechsmal verheiratet und zeugte zahlreiche Kinder, die zur geografischen Ausbreitung der Familie von Planta in Rätien beitrugen. Längst war das Geschlecht so weit aufgestiegen, dass es den Churer Bischofsstuhl mehrfach mit eigenen Vertretern besetzen konnte.

Balthasars Sohn Rudolf war um 1600 ein hochangesehener Mann, der in den Beziehungen Rätiens nach Frankreich, Italien und zum Kaiserhof eine wichtige Rolle spielte. Im Engadin gab es damals verschiedene Gruppierungen, die der einen oder anderen Grossmacht nahestanden. Rudolf von Planta-Wildenberg wechselte um 1616 zur habsburgtreuen Partei, womit er sich die Gunst der Talbevölkerung verspielte. Im Juli 1618, kurz nachdem Rudolf Erzherzog Leopold von Österreich auf seiner Burg empfangen haben soll, zogen zahlreiche Talleute vor Wildenberg und belagerten es. Als sie den Turm zu untergraben begannen, flüchtete Rudolf mit seiner Familie mitten in der Nacht. Die Burg wurde daraufhin geplündert und wohl grösstenteils zerstört.
Die machtpoltischen Wirren in Graubünden dauerten noch einige Jahre. Erst 1622 konnte Rudolf im Zuge einer österreichischen Offensive nach Wildenberg zurückkehren und seine Ämter wieder übernehmen. Beim Wiederaufbau der Anlage wurde der Turm mit Schlüsselscharten versehen, daneben wurde ein neuer Wohntrakt errichtet. Der Komplex war fortan eher ein Schloss als eine wehrhafte Burg.

Nach Rudolfs Tod (1638) wechselte Wildenberg in den Besitz der Seitenline derer von Planta-Steinsberg. Johann von Planta, der massgablich am Loskauf des Unterengadins von der Herrschaft Österreichs beteiligt war, liess die Anlage wieder herrichten und bewohnte sie ab 1645. Er liess den Westflügel als neuen Wohnbau ausgestalten, am Eingangsportal prangt noch heute das Allianzwappen seiner Ehe mit Maria Jecklin. Seine Nachkommen und Vertreter anderer Linien derer von Planta hielten Wildenberg, das im 18. Jhdt. ein weiteres Mal baulich stark verändert und um einen Ostflügel ergänzt wurde, bis 1856. In jenem Jahr wurde die Anlage an die Zernezer Familie Bezzola verkauft.
1956 erwarb die Gemeinde Zernez die ehemalige Burg und richtete darin Verwaltungsräume ein. Von 1990 bis 1994 wurden die Fassaden und die Innenräume gründlich restauriert. Seit 2007 befindet sich im Schloss die Verwaltung des Schweizerischen Nationalparks.
Quellen: Zusammenfassung der unter Literatur angegebenen Dokumente, inkl. Infotafel beim Schloss
Literatur
  • Bitterli, Thomas - Schweizer Burgenführer, mit Einschluss des Fürstentums Liechtenstein | Basel/Berlin, 1995 | Nr. 378
  • Clavadetscher, Otto P. / Meyer, Werner - Das Burgenbuch von Graubünden | Zürich/Schwäbisch Hall, 1984 | S. 209-210
  • Hauswirth, Fritz - Burgen und Schlösser der Schweiz, Bd. 9: Graubünden 2 und Tessin | Kreuzlingen, 1973 | S. 85-88
  • Lipski, Eli / Locher, André - Schlösser der Schweiz | Bern, 2013 | S. 289
  • Poeschel, Erwin - Das Burgenbuch von Graubünden | Zürich/Leipzig, 1930 | S. 289
  • Poeschel, Erwin - Die Kunstdenkmäler des Kantons Graubünden, Bd. III: Räzünser Boden, Domleschg, Heinzenberg, Oberhalbstein, Ober- und Unterengadin | Basel, 1940 | S. 545-546
  • Schmidt, Töna - Wildenberg | In: Ribi, Hilde et al. - Graubündens Schlösser und Paläste, 2. Teil | Chur, 1974 | S. 99-120
  • Von Castelmur, Anton - Die Burgen und Schlösser Graubündens, III. Teil: Viamala, Schams, Schyn, Albulatal, Oberhalbstein, Bergell, Engadin | Basel, 1944 | S. 64 und S. 67
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