TORRE PALAS (TOR DI PALA)
 Weltweit | Europa | Schweiz | Kanton Graubünden | Region Moesa | San Vittore

Klicken Sie in das Bild, um es in voller Grösse ansehen zu können!
Allgemeine Informationen
Spektakulär auf einen in der Mitte gespaltenen Felsblock gebaute Burg am Berghang über dem Dorf San Vittore im unteren Misox. Urkundliche Erwähnungen fehlen. Möglicherweise wurde die Anlage im 12. Jhdt. als Sitz einer lokalen Adelsfamilie gegründet und kam im 13. Jhdt. an die Sax-Misox. Sie werden als Bauherren des schlanken Turms betrachtet, der mangels Heizvorrichtung allerdings nicht ganzjährig bewohnbar war.
Informationen für Besucher
Geografische Lage (GPS)
WGS84: 46° 14’ 23.60" N, 09° 06’ 19.20" E
Höhe: 311 m ü. M
Topografische Karte/n
Schweizer Landeskarte: 728.550 / 122.300
Kontaktdaten
k.A.
Warnhinweise / Besondere Hinweise zur Besichtigung
keine
Anfahrt mit dem PKW
Ab Bellinzona zunächst auf der Hauptstrasse 2 in nördlicher Richtung bis Arbedo fahren, dann nach Überquerung der Moesa und Unterquerung der Autobahn rechts auf die Hauptstrasse 13 einbiegen. Dieser das Misox aufwärts bis nach San Vittore folgen. Die Burgruine steht oberhalb des Dorfkerns. Parkmöglichkeiten vor Ort. In San Vittore zunächst dem Wanderweg in Richtung Monticello bergauf bis zum Waldrand folgen, dort rechts abbiegen zum Burgfelsen.
Anfahrt mit Bus oder Bahn
Ab Bellinzona mit der Buslinie 214 das Misox aufwärts fahren bis zur Haltestelle San Vittore, Posta. Weitere Wegbeschreibung: siehe oben.
Wanderung zur Burg
k.A.
Öffnungszeiten
nur Aussenbesichtigung möglich
Eintrittspreise
-
Einschränkungen beim Fotografieren und Filmen
ohne Beschränkung
Gastronomie auf der Burg
keine
Öffentlicher Rastplatz
keiner
Übernachtungsmöglichkeit auf der Burg
keine
Zusatzinformation für Familien mit Kindern
keine
Zugänglichkeit für Rollstuhlfahrer
nicht möglich
Bilder
Klicken Sie in das jeweilige Bild, um es in voller Grösse ansehen zu können!
Grundriss
Grundriss Torre Palas
Quelle: Clavadetscher, Otto P. / Meyer, Werner - Das Burgenbuch von Graubünden | Zürich/Schwäbisch Hall, 1984 | S. 264 | bearbeitet von O. Steimann, 2003/2019
Historie
Zur Torre Palas (Tor di Pala) genannten Burg bei San Vittore existieren keine historischen Nachrichten. Die baulichen Merkmale der kompakten Anlage lassen aber verschiedene Nutzungsphasen vermuten. Als ältester Teil wird der vermutlich im späten 12. Jhdt. entstandene Wohntrakt betrachtet. Der rechteckige, einstöckige Bau wurde auf der exponierten, talseitigen Partie eines gespaltenen Felsblocks errichtet. Als Bauherr käme der in einer Urkunde von 1168 erwähnte «Albertus de sancto Victore» in Betracht, der wohl einer lokalen Adelsfamilie angehörte.
Im Verlauf des 13. Jhdts. wurden die kleinräumigen Adelsherrschaften überall im Misox durch die Freiherren von Sax-Misox verdrängt, die im ganzen Tal eine geschlossene Territorialherrschaft errichteten. Ähnlich wie das Castello di Norantola, das Castello di Santa Maria di Calanca oder der Torre Fiorenzana in Grono scheint auch die Burg zu San Vittore so an die Saxer gelangt zu sein. Man darf annehmen, dass sie für ihren Ausbau in der heutigen Form verantwortlich waren.

Wahrscheinlich im späten 13. Jhdt. wurde auf dem nördlichen Teil des Felsblocks der schlanke Wohnturm errichtet, der ursprünglich fünf Stockwerke hoch war. Im Grundriss misst er 5 x 8,5 Meter, bei einer Mauerstärke von 0,85 bis 1,6 Metern. Sein Eingang befindet sich direkt über der rund 4 Meter breiten Felsspalte und war damit nur über eine Brücke vom Wohntrakt her erreichbar. Obwohl der Turm im Erdgeschoss über einen Ausguss und im darüberliegenden Stockwerk über einen Nischenabort verfügte, scheint er nicht dauerhaft bewohnt gewesen zu sein. Es fehlt jeder Hinweis auf eine Heizvorrichtung. Hingegen verfügte das oberste Stockwerk über eine ausgeklügelte Wasserversorgung: Auf der darüberliegenden, ursprünglich mit Zinnen gekrönten Wehrplattform befindet sich eine kleine Tankzisterne, von wo das Wasser über ein Eisenrohr in den Raum darunter geleitet wurde.
Interessanterweise wurden bei rund 60 Gerüsthebellöchern in den Turmmauern die Hölzer entfernt und die Kanäle nischenartig erweitert. Auf der Aussenseite verfügen sie über vorkragende Steinplatten. So wurden von den Bauherren bewusst Nistplätze für Vögel geschaffen. In einer späteren Bauphase wurde dem Turm ein Giebeldach aufgesetzt. Diese Massnahme wurde wohl nötig, weil auf der Wehrplattform Wasserschäden auftraten. Fortan dürfte das Regenwasser über eine Dachrinne in die Zisterne geleitet worden sein.

Auf der Ostseite des Turms bot der felsige Untergrund allenfalls Platz für einen eng gefassten Bering. Verputzresten an der östlichen Aussenwand deuten zudem auf die Existenz eines kleinen Anbaus hin. Aus Platzgründen befanden sich die Ökonomiegebäude der Anlage vermutlich am Fuss des Burgfelsens. Der höhlenartige Hohlraum unter dem Felsen verfügt über eine Rückwand aus sorgfältig gefügtem Trockenmauerwerk unbekannter Zeitstellung mit Nischen aus kleinen Steinplatten.
In der Forschung ist umstritten, ob der Torre Palas wirklich als Herrschaftssitz zu betrachten ist. Der Repräsentationsbau könnten den Freiherren und späteren Grafen von Sax-Misox auch nur für temporäre Aufenthalte – etwa für die Jagd – gedient haben. Er muss noch vor dem Verkauf der Talherrschaft an Gian Giacomo Trivulzio (1480) aufgegeben worden sein.

1944 wurde die Ruine erstmals gesichert. Dabei wurden die Zwischenböden im Turm rekonstruiert und der eingestürzte ostseitige Turmgiebel wieder aufgemauert. Eine umfassende Sanierung erfolgte dann 1997. Seither ist der Turm durch ein modernes Schutzdach aus Stahl und Drahtglas vor Witterungseinflüssen geschützt, für die Öffentlichkeit aber nicht mehr zugänglich.
Quellen: Zusammenfassung der unter Literatur angegebenen Dokumente
Literatur
  • Bitterli, Thomas - Schweizer Burgenführer, mit Einschluss des Fürstentums Liechtenstein | Basel/Berlin, 1995 | Nr. 328
  • Carigiet, Augustin - Die Restaurierung der Torre Pala in San Vittore | In: Archäologischer Dienst Graubünden / Denkmalpflege Graubünden (Hg.) - Jahresberichte 1997 | Haldenstein/Chur, 1998 | S. 104-109
  • Clavadetscher, Otto P. / Meyer, Werner - Das Burgenbuch von Graubünden | Zürich/Schwäbisch Hall, 1984 | S. 263-265
  • Farnum, Jerome H. - 20 Ausflüge zu romantischen Burgruinen in der Schweiz | Bern/Stuttgart, 1976 | S. 239-241
  • Fusco, Vincenzo - Guida ai castelli della Svizzera Italiana | Viganello, 1988 | S. 120-121
  • Fusco, Vincenzo - Guida illustrata ai castelli, torri e rovine della Svizzera Italiana | Lugano, 1981 | S. 154-157
  • Hauswirth, Fritz - Burgen und Schlösser der Schweiz, Bd. 9: Graubünden 2 und Tessin | Kreuzlingen, 1973 | S. 55-57
  • Meyer, Werner (Red.) - Burgen der Schweiz, Bd. 2: Kantone Tessin und Graubünden (italienischsprachiger Teil) | Zürich, 1982 | S. 91-92
  • Poeschel, Erwin - Das Burgenbuch von Graubünden | Zürich/Leipzig, 1930 | S. 223
  • Poeschel, Erwin - Die Kunstdenkmäler des Kantons Graubünden, Bd. VI: Puschlav, Misox und Calanca | Basel, 1945 | S. 218-220
Webseiten mit weiterführenden Informationen
zurück nach oben | zurück zur letzten besuchten Seite Download diese Seite als PDF-Datei
Alle Angaben ohne Gewähr! | Die Bilder auf dieser Webseite unterliegen dem Urheberrecht! | Letzte Aktualisierung dieser Seite: 15.12.2019 [OS]