STADTBEFESTIGUNG HEIDELBERG
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Allgemeine Informationen
Die Stadtbefestigung von Heidelberg tritt touristisch und fortifikatorisch voll und ganz in den Schatten des Schlosses. Die Hauptstadt der Kurpfalz war nur durch einen einfachen Mauerring befestigt. Die Ende des 14. Jh. angelegte Vorstadt war sogar zum Neckar hin unbefestigt, die Mauer auf der Bergseite wurde noch um 1600 in ihrer einfachen Form instandgesetzt. Nur zur Rheinebene war mit dem Speyrer Tor und dem roten und dem blauen Turm ein vergleichsweise fester Abschluss der Stadt geschaffen worden. In Verlängerung dieses Mauerabschnittes wurde oberhalb der Stadtmauer in den 1460er Jahren das heute nicht mehr auszumachende Vorwerk "Trutzkaiser" errichtet. Im Gegensatz zu den umfangreichen im 16.Jh. entstandenen Befestigungsbauten des Schlosses wurden in der Stadt keinerlei Kanonentürme oder gemauerte Bastionen verwirklicht. Von der mittelalterlichen Stadtmauer stehen noch der südwestliche Eckturm der inneren, stauferzeitlichen Stadtmauer und das Brückentor. Das Klingentor wurde Anfang des 17. Jh. errichtet; beim Karlstor handelt es sich um einen Neubau von 1775. Als weiteres Bauwerk der Stadtverteidigung ist der Komplex Zeughaus/Marstall zu nennen, der unmittelbar am Neckarufer vor der inneren Stadtmauer gebaut wurde und mit vier Ecktürmen bewehrt ist. Das Zeughaus beherbergt heute eine Mensa, während vom Marstall nur die Ecktürme erhalten sind. Nach Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges wurden mehrere Schanzen und das Vorwerk "Trutzbayer" angelegt. Ein Rundweg oberhalb der Altstadt führt zu den bescheidenen Überresten dieser Bauwerke.
Informationen für Besucher
Geografische Lage (GPS)
WGS84: 49°24'35.8" N, 8°42'24.2" E
Höhe: 125 m ü. NN
Topografische Karte/n
nicht verfügbar
Kontaktdaten
k.A.
Warnhinweise / Besondere Hinweise zur Besichtigung
k.A.
Anfahrt mit dem PKW
Heidelberg erreicht man über die A656.
In der Altstadt, sowie den angrenzenden Stadtteilen gibt es ausschließlich kostenpflichtige Parkplätze.
Anfahrt mit Bus oder Bahn
Zentraler Knotenpunkt des öffentlichen Personennahverkehrs ist der Bismarckplatz. Hier stand bis 1856 das Mannheimer Tor.
Wanderung zur Burg
k.A.
Öffnungszeiten
Außenbesichtigung jederzeit möglich.

Der Hexenturm befindet sich im Hof der "Neuen Universität".
Der Hof ist werktags von der Seminarstraße aus oder durch das Universitätsgebäude zugänglich.
Eintrittspreise
kostenlos
Einschränkungen beim Fotografieren und Filmen
ohne Beschränkung
Gastronomie auf der Burg
keine
Öffentlicher Rastplatz
keiner
Übernachtungsmöglichkeit auf der Burg
keine
Zusatzinformation für Familien mit Kindern
k.A.
Zugänglichkeit für Rollstuhlfahrer
Für Rollstuhlfahrer erreichbar.
Bilder
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Grundriss
Grundriss Stadtbefestigung Heidelberg
  1. Obere Burg
  2. Schloss Heidelberg
  3. Brückentor
  4. Klingentor
  5. Hexenturm
  6. Marstall
  7. Trutzbayer
  8. Trutzkaiser
  9. Speyrer Tor
Quelle: Heidelberger Schlossverein: Mitteilungen zur Geschichte des Heidelberger Schlosses, Band II | Heidelberg, 1890
(durch Autor leicht aktualisiert)
Historie
13. Jh. Die staufische Stadtgründung wird mit einer Mauer umgeben. Die westliche Stadtmauer verlief auf Höhe der Grabengasse. Die Stadt wurde zusätzlich durch zwei Burganlagen geschützt. Aus der unteren Burg ist das Heidelberger Schloss hervorgegangen, die obere Burg (heute Gaststätte Molkenkur) wurde durch einen Blitzeinschlag 1537 zerstört.
14. Jh. Die Stadt wird nach Westen deutlich erweitert. Auch die ältere Oberstadt im Bereich der Peterskirche wird einbezogen und auf Höhe des heutigen Bismarckplatzes das Speyrer Tor errichtet. Auf der Bergseite war vermutlich von Anfang an eine einfache Mauer vorhanden, die Neckarseite blieb unbefestigt.
15. Jh. Um Angriffen von der Bergseite besser begegnen zu können wird in den 1460er Jahren oberhalb der südwestlichen Ecke der Stadtmauer das Vorwerk "Trutzkaiser" errichtet (Erwähnung als "nüwen thorn und bolwerck" 1473). Der Name war gegen Kaiser Friedrich III. gerichtet, mit dem Kurfürst Friedrich der Siegreiche in ständiger Fehde lag. Das Bauwerk war weit in die Rheinebene zu sehen und hatte einen einzigartigen Grundriss in Form eines achteckigen Sterns.
16. Jh. Neben umfangreichen Baumaßnahmen am Schloss (man kann fast von einem kompletten Neubau sprechen) lässt Kurfürst Ludwig V. das mit zwei Rundtürmen bewehrte Zeughaus am Neckarufer errichten. Pfalzgraf Johann Casimir errichtet 1590 das Marstallgebäude und verbindet es mit dem Zeughaus zu einem kastellartigen Baukörper mit vier Türmen.
1621 Nach der für die böhmisch-pfälzische Seite verlorenen Schlacht am Weißen Berg fürchtet Heidelberg einen Angriff bayrischer Truppen. Nun werden hastig Verstärkungen der Stadtbefestigung vorgenommen. Das heute noch erhaltene Klingentor wird errichtet und Bastionen entlang der südlichen und westlichen Stadtmauer aufgeschüttet. Die Ruinen der "Oberen Burg" werden in eine mächtige Schanze verwandelt. Auf der gegenüberliegenden Neckarseite, vor allem im Bereich des Brückenkopfes werden Schanzen und Bastionen aufgeschüttet. Das Dach des "Trutzkaiser" wird abgedeckt, er wird in ein Schanzensystem einbezogen, das ihn auch mit der Stadtmauer verbindet. Zwischen "Burgschanze" und "Trutzkaiser" wird die steinerne Befestigung "Trutzbayer" errichtet über deren Aussehen nur spekuliert werden kann. Auf uns gekommene Überreste einer rechteckigen Plattform mit ca. 10x10m Längenausdehnung und 2m Höhe können nicht einmal sicher als "Trutzbayer" identifiziert werden.
1622 Erste Bewährungsprobe für die Stadtmauer. Die Stadt wird mehrere Wochen belagert, wobei die Angreifer von den Höhen aus die Stadt beschießen und versuchen die vorgeschobenen Verteidigungswerke einzunehmen. Schloss, "Burgschanze", "Trutzbayer" und "Trutzkaiser" verhindern jedoch die Erstürmung von der Bergseite. Schließlich wurde den Verteidigern die fehlende Mauer auf der Neckarseite zum Verhängnis: Aufgrund des niedrigen Wasserstandes konnte Reiterei den Fluss überqueren und die Vorstadt besetzten. Der darauf einsetzende Generalsturm brachte schließlich auch die anderen Verteidigungslinien zu Fall. Merian schreibt in seiner Topographia Palatinatus Rheni, dass der Trutzkaiser "über wenig Tag nach der Eroberung der Stadt geschleift worden ist".
1666 Kurfürst Karl Ludwig lies den Trutzkaiser wieder instandsetzten und befiehlt, ihn "den Stern wegen seiner Struktur nennen zu lassen". Die Nutzung des provokanten Namens "Trutzkaiser" war bei Strafe verboten.
1689 Während des "Pfälzischen Erbfolgekrieges" wird die Stadt nach fünftägiger Belagerung durch ein Heer Ludwigs XIV. besetzt. "Dicker Turm" und "Karlsturm" des Schlosses werden gesprengt, die weiteren Zerstörungen sind bereits vorbereitet, als die Franzosen vor anrückenden Reichstruppen ausweichen müssen.
1693 Die Stadt wird wiederum von den Franzosen eingenommen. Neun Wochen lang werden nun Befestigungswerke der Stadt und des Schlosses gesprengt. Die völlige Verwüstung der Stadt führt dazu, dass heute alle Gebäude der Stadt, ungeachtet ihres Alters, in einer "barocken Schale" verkleidet sind. Ausnahmen sind nur die Heilig-Geist-Kirche, Peterskirche, Zeughaus und "Hotel Ritter".
1752 An Stelle des zerstörten Speyerer Tores wird das Mannheimer Tor errichtet (1856 abgerissen).
1775 Baubeginn des Karlstors. Das Karlstor riegelt die Stadt nach Osten in Richtung Neckartal ab.
1812 Die Räuber der "Hölzerlipsbande" werden bis zu ihrer Hinrichtung im Brückentor und im Mannheimer Tor gefangen gehalten.
1981 Das Karlstor wird Schauplatz eines gescheiterten Panzerfaustanschlages der RAF auf einen hochrangigen General der NATO.
Quelle: Zusammenfassung der unter Literatur angegebenen Dokumente.
Literatur
  • Derwein, Herbert - Die Flurnamen von Heidelberg | Heidelberg, 1940
  • Heidelberger Schlossverein: Mitteilungen zur Geschichte des Heidelberger Schlosses, Band II | Heidelberg, 1890
  • Hepp, Frieder - Matthaeus Merian in Heidelberg: Ansichten einer Stadt | Heidelberg, 1993
  • Oechelhäuser Adolf von - Die Kunstdenkmäler des Großherzogthums Baden: Band 8,2 Heidelberg | Tübingen, 1909
  • Pape, Burkhard - Die Befestigungen am Heidelberger Schloss | Heidelberg 2006
  • Schloss Heidelberg und die Pfalzgrafschaft bei Rhein bis zur Reformationszeit | Regensburg, 2002
Webseiten mit weiterführenden Informationen
  • k.A.
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Sonstiges
  • Bauform des Trutzkaiser
    Bauform des Trutzkaiser

    Der "Trutzkaiser" wird auf Stadtansichten des 16. und 17.Jh. in sehr unterschiedlicher Weise dargestellt. Vor 1622 steht der Turm direkt auf Fels, ohne Plattform oder Umwallung. Die Mauern sind senkrecht, der Turm wirkt recht schlank. Besonders bei Jacques Granthomme's Bildnis Pfalzgraf Johann II. um 1610 und bei Merian 1619 und 1620 wird er detailliert so dargestellt. Dies ändert sich, als der "Trutzkaiser" wieder militärisch relevant wird: ab 1622 wird er auf mehreren Ansichten zum mächtigen Bollwerk mit nach oben verjüngender Mauer und runder Umwallung. Er wird auch mehrfach auf einer achteckigen oder runden Plattform stehend dargestellt. Ungeachtet der Zerstörungen von 1622 wird er in dieser Gestalt weiter das ganze 17.Jh. hindurch wiedergegeben, wobei hier meist Merian's Topographia 1645, oder die Belagerungsansicht aus Theatrum Europaeum 1662 "abgekupfert" wurde.

    In den späteren Ausgaben der Topographia wurde unterdessen der Karlsturm des Heidelberger Schlosses nachträglich auf die Kupferplatte graviert (Grundsteinlegung des Karlsturmes war 1681). Im gleichen Zuge wurde der Schriftzug "Trutzkaiser" in "Sternschanz" geändert und auch die Stelle des alten Trutzkaiser radiert: der dargestellte Turm erscheint wesentlich gedrungener, verfügt über senkrechte Mauern und keinerlei Plattform oder Umwallung. Gleichzeitig reduziert sich seine Größe im Vergleich zur umliegenden Landschaft wieder deutlich. Auch Johann Ulrich Kraus aufwändig gestaltete Ansicht Heidelbergs von 1683 zeigt den "Stern" in dieser Weise.

    Was also die Gestalt des Trutzkaisers angeht ist somit lediglich der sternförmige Grundriss als gesichert zu betrachten. Dass sich der Trutzkaiser nach oben verjüngte oder auf einer Plattform stand, muss stark angezweifelt werden. Die nach oben verjüngende Darstellung scheint eher dem Zeitgeschmack geschuldet. Wahrscheinlich wurde um den Turm herum im Dreißigjährigen Krieg eine provisorische Wehrplattform aufgeschüttet, die später wieder entfernt wurde. Für dieses Provisorium sprächen auch die dargestellten Leitern als Verbindung der zwei Plattformebenen. Die Reparaturarbeiten nach dem Dreißigjährigen Krieg beschränkten sich wahrscheinlich nur darauf, den unteren Teil des Turmes zu rekonstruieren und ein neues Schutzdach zu errichten.

    Quelle: Sven-Markus Lörsch, 2012
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