GRASBURG
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Allgemeine Informationen
Die grösste Burg des Kantons Bern steht auf einem imposanten Sandsteinfelsen in einer Flussschlaufe der Sense. Erhalten sind die Mauern der westlichen Kernburg und die Ruinen des Bergfrieds, eines Wohntrakts und Teile der Toranlagen am östlichen Ende des Areals. Eine erste, deutlich kleinere Burg wurde vielleicht schon unter den Herzögen von Zähringen gegründet. Die heute sichtbaren Ruinen stammen jedoch mit grösster Wahrscheinlichkeit von einer staufischen Reichsburg, in den 1230er-Jahren zur Sicherung der Kronrechte in Burgund errichtet. Die im Interregnum umkämpfte Anlage befand sich später in kyburgischem, habsburgischem und savoyischem Besitz, kam 1423 an Bern und Freiburg und wurde im 16. Jhdt. aufgelassen.
Informationen für Besucher
Geografische Lage (GPS)
WGS84: 46° 50' 01.77" N, 07° 19' 54.51" E
Höhe: 692 m ü. M
Topografische Karte/n
Schweizer Landeskarte: 591.850 / 186.970
Kontaktdaten
k.A.
Warnhinweise / Besondere Hinweise zur Besichtigung
keine
Anfahrt mit dem PKW
Von Bern aus der Schwarzenburgerstrasse in südwestlicher Richtung via Köniz, Niederscherli und Lanzenhäusern bis zum Weiler Steinhaus folgen. Hier zweigt rechts eine ausgeschilderte Nebenstrasse ab und führt via den Hof Schlössli hinunter zur Sense. Parkmöglichkeiten unweit der Burg.
Anfahrt mit Bus oder Bahn
Ab Bern mit der S-Bahn (Linie 6) in Richtung Schwarzenburg bis nach Lanzenhäusern. Ab hier weiter mit der Buslinie 613 in Richtung Schwarzenburg bis zur Haltestelle Steinhaus. Nun dem ausgeschilderten Wanderweg in westlicher Richtung zur Burg folgen (ca. 15 Min.).
Wanderung zur Burg
k.A.
Öffnungszeiten
ohne Einschränkung
Eintrittspreise
kostenlos
Einschränkungen beim Fotografieren und Filmen
ohne Beschränkung
Gastronomie auf der Burg
keine
Öffentlicher Rastplatz
Feuerstelle auf dem Burgareal
Übernachtungsmöglichkeit auf der Burg
Keine. Das Campieren auf der Ruine ist ausdrücklich verboten.
Zusatzinformation für Familien mit Kindern
keine
Zugänglichkeit für Rollstuhlfahrer
nicht möglich
Bilder
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Grundriss
Grundriss Grasburg
Quelle: Biller, Thomas / Heege, Andreas - Die Grasburg: Eine spätstaufische Reichsburg in der Nordwestschweiz | In: Archäologischer Dienst des Kantons Bern - Archäologie Bern 2011 | S. 173-174 | überarbeitet von O. Steimann, 2015
Historie
Um die Ursprünge der grössten Burgruine des Kantons Bern ranken sich Sagen, Erzählungen und Vermutungen. Eine erste Vorgängeranlage könnte allenfalls im 10. Jhdt. auf dem rund 60 Meter hohen Sandsteinfelsenelsen über der Sense entstanden sein. Damals wurde von den Hochburgundischen Königen die Strasse vom Üechtland an den Thunersee aufgewertet, welche bei der Grasburg die Sense überquerte. Um das Jahr 1000 taucht in den Schriftquellen ein gewisser Reginfrid auf, Gefolgsmann von König Rudolf III., der die Besiedlung des Schwarzenburgerlands förderte. Es gibt jedoch keinen echten Beleg dafür, dass damals schon eine Burg bestand.

Gemäss jüngeren Untersuchungen wurden die heute noch sichtbaren Bauten der Grasburg in zwei Phasen errichtet. In Phase I entstand am westlichen Ende des rund 150 Meter langen Burgfelsens die Kernburg. Sie wurde durch einen 16 Meter breiten Halsgraben vom Rest des Areals abgetrennt. Ihr Zentrum bildete ein Turm mit quadratischem Grundriss, dessen Kellergeschoss aus dem weichen Fels geschrotet wurde und heute noch gut erkennbar ist. In den Quellen des 14. Jhdts. wird er als «alter Turm» bzw. als «Ritterturm» bezeichnet. Hinter ihm befand sich auf der äussersten Felsnase eine grosse Zisterne, während er gegen den Graben hin durch ein längliches Haus ergänzt wurde.
Wann und von wem diese erste Steinburg errichtet wurde, ist umstritten. Plausibel wäre eine Gründung durch die Herzöge von Zähringen, die bis zu ihrem Aussterben 1218 als Rektoren über Burgund herrschten. Die Grasburg liegt genau zwischen den Zähringer-Städten Bern und Freiburg und an der Strasse zur ebenfalls zähringischen Stadt Thun. Die erste indirekte Erwähnung stammt allerdings erst aus dem Jahr 1223, wo ein «dominus Otto de Grasburg» in den Quellen auftaucht. Vielleicht war er ursprünglich ein zähringischer Gefolgsmann, vielleicht aber auch ein Dienstmann der Hohenstaufen. Denn 1218 hatte Kaiser Friedrich II. Burgrund wieder direkt dem Reich unterstellt. Es ist denkbar, dass die Grasburg damals erbaut wurde, um an der Sense einen Stützpunkt gegen die papsttreuen Grafen von Kyburg – die Haupterben der Zähringer – zu haben.

In einer zweiten Bauphase wurde die Grasburg zu ihrer vollen Grösse ausgebaut und umfasste fortan den gesamten Burgfelsen. Das erhaltene Mauerwerk zeigt, dass alle wesentlichen Gebäude ungefähr zur selben Zeit entstanden sein müssen. Die Baudeteils lassen aber kaum eine Datierung in zähringische Zeit zu. Viel eher passt die Anlage in die 1230er-Jahre. Die Staufer waren damals regelmässig in der Region präsent, Heinrich (VII.) und Konrad IV. besuchten mehrmals das nahe Bern und förderten beispielsweise den Ausbau der Stadtbefestigung von Murten. Der Bau einer grossen Reichsburg an der Sense passt gut zu dieser Politik.
Es ist unklar, ob die bis 1245 erwähnten Herren von Grasburg dabei noch eine Rolle spielten. 1239 wird ein Jacob als Schultheiss von Grasburg genannt. Er war offenbar nicht adlig, stand aber in Diensten des Reiches. Seine Bezeichnung deutet bereits auf die gewachsene Bedeutung der Burg hin, die mittlerweile von einer stattlichen Anzahl Menschen bewohnt worden sein muss.

In dieser zweiten Bauphase wurde die alte Kernburg um einen mächtigen Saalbau mit 2,6 Meter dicken Wänden ergänzt. Dieser erhielt einen tiefen Keller und ein herrschaftliches Geschoss mit einer «aula»: ein 23 x 10 Meter grosser Saal mit zwei Kaminen und eine Reihe von Doppelfenstern. Weiter westlich entstand ein Wohntrakt, von dem heute aber kaum noch Reste erkennbar sind.
Am östlichen Ende des Burgfelsens wurde ein Bergfried errichtet. Er misst im Grundriss 10 x 10 Meter und war ursprünglich rund 20 Meter hoch, mit einem Hocheingang auf der Nordseite. Gleich danaben entstand das «Vordere Haus»: ein solider, repräsentativer Wohntrakt, der vielleicht dem Schultheissen als Wohnung diente. Die beiden Teile der Burg waren durch eine weitläufige Ringmauer verbunden, von der heute noch geringe Reste erhalten sind. Auf der Fläche dazwischen entstanden in den folgenden Jahrzehnten mindestens drei Burgmannenhäuser, die von Adligen aus der Region bewohnt wurden: Das «Ebene Haus», das «Endlisberghaus» und das «Wippingenhaus». Sie sind heute alle verschwunden, ebenso wie die in den spätmittelalterlichen Quellen erwähnten Wirtschaftsbauten: drei Kornspeicher, eine Schmiede, ein Gefängnis, ein Pferdestall, ein Back- und ein Badehaus. Lokalisieren lässt sich aber das Burgtor: Es lag auf der Südostseite und wurde talseitig über eine aufgemauerte Rampe erreicht. Im nicht erhaltenen Torturm oder gleich daneben befand sich die Burgkapelle.

Die Zeit des Interregnums brachte die Grasburg in den Mittelpunkt kriegerischer Auseinandersetzungen. Zunächst wurde sie 1253 oder 1254 durch Graf Hartmann V. von Kyburg besetzt, worauf König Wilhelm von Holland 1255 ihre Rückgabe an die Krone verlangte. Bei dieser Gelegenheit wird die Grasburg erstmals ausdrücklich als Reichsbesitz bezeichnet. Doch die Kyburger verweigerten die Übergabe. Nach ihrem Aussterben (1264) wurde zunächst Graf Peter von Savoyen mit der Reichsburg belehnt, er verlor sie jedoch bald in kriegerischen Auseinandersetzungen mit dem kyburgischen Haupterben, Rudolf von Habsburg. Mit dessen Wahl zum Deutschen König kam die Grasburg zurück ans Reich. Die Burghut vertraute Rudolf seinem Gefolgsmann Ulrich von Maggenberg an.

Bis 1310 blieb die Grasburg nun Reichsburg. In jenem Jahr wurde sie von König Heinrich VII. für 2100 Lausanner Pfund an Graf Amadeus V. von Savoyen verpfändet, welcher nun einen Kastellan auf der Burg einsetzte, der auch die zugehörige Herrschaft zu verwalten hatte. Der wichtige Posten wurde meist von freiburgischen oder waadtländischen Adligen bekleidet. Die erhaltenen Abrechnungen aus jener Zeit informieren ausführlich über die bauliche Beschaffenheit der Burg und das Leben ihrer Bewohner.

1423 verkaufte Graf Amadeus VIII. die Herrschaft Grasburg für 6000 Gulden an die Städte Bern und Freiburg, welche sie in eine gemeinsam verwaltete Landvogtei umwandelten. Zu Unstimmigkeiten kam es ab 1447, als Bern mit Freiburg und Österreich im Streit lag. Truppen der Aarestadt besetzten kurzerhand die alte Reichsburg und unternahmen von hier aus Beutezüge ins benachbarte Freiburgerland. Erst 1454 gab Bern der Stadt Freiburg deren Anteil an der Herrschaft wieder zurück.
Nach den Kriegen der Eidgenossen gegen den Burgunderherzog Karl den Kühnen wurde die Grasburg wehrtechnisch verbessert. Um 1485 entstand so die Schildmauer, welche den östlichen Teil beim Burgtor zum Gegenhang hin abschirmt. Doch im 16. Jhdt. wurde der Unterhalt der weitläufigen Anlage immer teurer. Schliesslich wurde sie aufgegeben, die Landvögte residierten ab 1572 in Schwarzenburg. Dort wurde, zum Teil aus Steinen der Grasburg, ein kleines Schloss errichtet. Die Burg selbst wurde nun dem Zerfall überlassen. 1894 kam sie in den Besitz der Stadt Bern. Diese liess 1903 bis 1907, 1928 bis 1931, 1983 bis 1985 und letztmals 1998 Teilsanierungen des Mauerwerks ausführen.
Quellen: Zusammenfassung der unter Literatur angegebenen Dokumente
Literatur
  • Biller, Thomas / Heege, Andreas - Die Grasburg: Eine spätstaufische Reichsburg in der Nordwestschweiz | In: Archäologischer Dienst des Kantons Bern - Archäologie Bern 2011 | S. 171-190 (Download als PDF-File)
  • Bitterli, Thomas - Schweizer Burgenführer, mit Einschluss des Fürstentums Liechtenstein | Basel/Berlin, 1995 | Nr. 177
  • Burri, Friedrich - Die einstige Reichsfeste Grasburg: Geschichte, Rekonstruktion, Einkünfte | In: Unsere Kunstdenkmäler: Mitteilungsblatt für die Mitglieder der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, 36. Jhg./1983 | S. 1-352
  • Farnum, Jerome H. - 20 Ausflüge zu romantischen Burgruinen in der Schweiz | Bern/Stuttgart, 1976 | S. 38-41
  • Hauswirth, Fritz - Burgen und Schlösser der Schweiz, Bd. 10: Bern 1 | Kreuzlingen, 1974 | S. 38-42
  • Meyer, Werner (Red.) - Burgen der Schweiz, Bd. 9: Kantone Bern und Freiburg | Zürich, 1983 | S. 23
  • Meyer, Werner / Widmer, Eduard - Das grosse Burgenbuch der Schweiz | Zürich, 1977 | S. 244-245
  • Schmid, Bernhard / Moser, Franz - Die Burgen und Schlösser des Kantons Bern: Mittelland, Emmental und Oberaargau, I. Teil | Basel, 1942 | S. 88-97
Webseiten mit weiterführenden Informationen
Sonstiges
  • Burgsage: Crassus und der Drache
    Crassus und der Drache

    «Auf einer Hischjagd gelangte der römische Ritter Crassus aus dem nahen Helikon unversehens auf den mächtigen Sandsteinfelsen, der heute die Burg trägt. Ein gewaltiger Lindwurm verwehrte dem Ritter zunächst den Aufstieg; doch erlegte dieser ihn mit seinem Jagdspiess und seinem scharfen Schwerte. Auf die Höhe des Felsens gelangt, trat dem Ritter der gejagte Hirsch entgegen, legte sich ihm zu Füssen und führte ihn, wie zum Danke für die gewährte Schonung, auf dem ganzen Burgfelsen herum. Der Ritter sah dies als Einladung an, sich hier festzusetzen und erbaute mit Hilfe von Arbeitern aus Aventicum auf dem westlichen Teil des Felsens ein stattliches Schloss, das er durch eine Brücke über die Sense mit dem westlichen Flussufer verband und mit Aventicum in Verbindung brachte.»

    Quelle: Schmid, Bernhard / Moser, Franz - Die Burgen und Schlösser des Kantons Bern: Mittelland, Emmental und Oberaargau, I. Teil | Basel, 1942 | S. 91
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